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Unterfrankens erste digitale Realschule steht in Haßfurt

 

In diesem Jahr gab es erstmals in Bayern das Qualitätssiegel "Digitale Schule". Zu den Preisträgern gehört die Dr.-Auguste-Kirchner-Realschule in Haßfurt.

2Es ist noch nicht allzu lange her, dass es eine Besonderheit war, wenn in einer Schule der erste Computerraum eingerichtet wurde. Mittlerweile wird die Vermittlung von Medienkompetenz immer wichtiger; es geht darum, die Schüler auf eine zunehmend digitalisierte Welt vorzubereiten, in der sie sich zurechtfinden müssen. Wie gut das gelingt, ist von Schule zu Schule unterschiedlich. Eine Vorreiterrolle spielt dabei die Dr.-Auguste-Kirchner-Realschule in Haßfurt.

Erstmals wurde in diesem Jahr das Qualitätssiegel "Digitale Schule" an 30 Schulen in Bayern vergeben. Grundsätzlich könnte die Auszeichnung an jede Schulart gehen, die meisten geehrten Einrichtungen sind aber Realschulen und Gymnasien. "Wir sind die erste Realschule in Unterfranken, die damit ausgezeichnet wird", sagt Direktor Hartmut Hopperdietzel, auch wenn er und seine Kollegen sich bei diesem Satz ein Lachen nicht verkneifen können: Tatsächlich erhielt auch eine Realschule aus Lohr am Main dieses Qualitätssiegel. Doch da die Schulen am Tag der Preisverleihung in alphabetischer Reihenfolge geehrt wurden, kamen die Haßfurter etwa eine Viertelstunde vor den Lohrern an die Reihe. "So ist das halt bei Zwillingen", scherzt Hopperdietzel.

Schirmherrin dieser Auszeichnung für die Schulen ist bundesweit Staatsministerin Dorothee Bär. Die aus Ebelsbach stammende Digitalministerin stattete der Schule daher am Donnerstag einen Besuch ab. Neben Bär und Schulleiter Hopperdietzel waren noch weitere Lehrer der Realschule anwesend, ebenso wie der Landtagsabgeordnete Steffen Vogel und Landrat Wilhelm Schneider.

"Wer ausgezeichnet wird, kann man als Schirmherrin ja nicht beeinflussen, aber es ist schön, wenn man einen Preis nach Hause holt", sagte Bär. Dass die Haßfurter Realschule in Sachen Mediennutzung mit der Zeit geht, zeigte sich schon in dem Raum, in dem sich die Beteiligten zusammensetzten: Obwohl sich das Schulzentrum gerade im Umbau befindet und die Büros der Schulleitung noch provisorisch sind, hängt im Besprechungsraum ein Beamer an der Decke. Was dieser an die Wand projiziert, kann Lehrerin Anke Männer, die außerdem medien- und informationstechnische Beraterin der Schule ist, auf einem Laptop steuern – ohne Kabel zur Übertragung.

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Ohnehin ist mittlerweile jeder Lehrer mit einem solchen Gerät ausgestattet. So können die Lehrkräfte den Unterricht zu Hause vorbereiten und den Computer mit in die Schule bringen. Selbst Kollegen, die der Idee am Anfang skeptisch gegenüberstanden, seien mittlerweile total begeistert davon; und auch davon, dass sie damit viel weiter sind, als so manche andere Schule. Bald sollen auch Schüler Tabletcomputer mit in den Unterricht bringen, den Anfang macht die siebte Klasse. Als den "angespanntesten Tag des Jahres" bezeichnete der Schulleiter den Tag, an dem er den Eltern eröffnete, dass die Schüler dafür ein eigenes Gerät anschaffen und mitbringen müssen. Doch tatsächlich sei die Information gut aufgenommen worden. Auch zu einem Angebot der Schulleitung zur Unterstützung von Schülern aus einkommensschwachen Familien sei bisher kein Antrag eingegangen.

 Umfangreiche Aufgaben für Administratoren

Ein Problem sieht Schulleiter Hopperdietzel noch darin, dass mit der wachsenden Digitalisierung auch die Aufgaben für Systemadministratoren immer umfangreicher werden. Derzeit wird diese Aufgabe oft ehrenamtlich übernommen, auch an der Haßfurter Realschule ist es der Lehrer Alfred Birklein, der sich neben seinen normalen Aufgaben auch um die Systeme kümmert. Eigentlich wachse das Aufgabenspektrum so stark, dass die Schulen mittlerweile hauptamtliche Administratoren bräuchten, merkten der Realschul-Direktor und seine Kollegen aus dem Lehrerkollegium an. Doch die Kosten dafür machen den Politikern Kopfzerbrechen. Immerhin betonte Hopperdietzel, dass zusammen mit dem Landratsamt eine "solide Brückenlösung" gefunden worden sei. "Wir werden nicht allein gelassen mit der IT-Administration."

Hopperdietzel und Bär sprachen auch ein weiteres Problem bei der Digitalisierung von Schulen an: Die Ängste der Eltern. Der Schulleiter brachte auf den Punkt, was in den Köpfen vieler Erziehungsberechtigter vorgeht: "Ich habe selber keine Ahnung, wie soll ich da meine Kinder schützen? Und kann ich dabei der Schule vertrauen?" Digitalministerin Bär erzählte, sie erinnere sich an einen Leserbrief, in dem ein Vater geschrieben hatte, WLAN sei "das neue Asbest". Sie sprach von der großen Unsicherheit und dem Ohnmachtsgefühl vieler Eltern und sagte: "Die muss man abholen." Denn gerade in einer Welt, die sich schnell verändert, sei es wichtig, die Kinder so vorzubereiten, "dass sie mit dem Wandel umgehen können", betonte Bär. "Wir müssen sie fit machen, dass sie die Technik beherrschen, ohne von der Technik beherrscht zu werden."

Auch Hopperdietzel betonte, dass eine Digitalisierung an den Schulen notwendig sei, um die Jugendlichen auf die Zukunft vorzubereiten. "Wir wissen, dass wir uns in einem Transformationsprozess befinden." Der Ausgangszustand sei bekannt, doch wo die Reise hingeht, sei noch völlig unklar und kaum vorherzusehen. Dorothee Bär betonte allerdings, das Verständnis für die Bedeutung der Digitalisierung wachse immer mehr. Früher sei sie noch belächelt worden, als sie versuchte, das Internet in den Fokus der Politik zu rücken, doch das ändere sich mittlerweile.

 

Gleich zwei Auszeichnungen für die Realschule

Die "Digitale Schule" ist nicht die einzige Auszeichnung, die die Haßfurter Realschule am 23. November in München entgegennehmen konnte: Auch mit dem Titel "MINT-freundliche Schule", wurde sie ausgezeichnet. Die Abkürzung MINT steht für die Bereiche Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik. Die Auszeichnung für besonders MINT-freundliche Schulen gibt es schon seit einigen Jahren. Die Dr.-Auguste-Kirchner-Realschule konnte den Titel bereits zum wiederholten Mal verteidigen.

Besonders sei auch die Kombination aus der MINT- und der Digital-Auszeichnung. Damit könne die Schule ihre Schüler gut auf die Themen der Zukunft vorbereiten. "Wir bilden nicht für die Wirtschaft aus, sondern wir bilden mit der Wirtschaft aus", sagte Schulleiter Hopperdietzel. "Die Schüler brauchen ja am Ende des Tages auch einen Arbeitsplatz." Dorothee Bär sprach dafür ein großes Lob aus: "Vielen Dank, dass Sie so ein Vorbild sind", sagte die Politikerin in Richtung aller anwesenden Lehrer.

Bei dem Gespräch wurde jedoch auch nicht außer Acht gelassen, dass noch einiges zu tun ist, was die Digitalisierung an Schulen angeht. Systembetreuer Alfred Birklein sprach unter anderem die Frage nach Bildrechten an. Zwar sei die Technik da, um Bilder im Unterricht einzusetzen, aber vielen Lehrern fehle der Überblick, was sie aus urheberrechtlichen Gründen nicht zeigen dürfen. "Viele Lehrer haben Angst, privat haftbar gemacht zu werden", ergänzte die Zweite Konrektorin Christine Rottmann.

Dorothee Bär erklärte hierzu, bisher hätten sich die Schulbuchverlage lange gegen brauchbare Lösungen gesperrt, da sie weiterhin Bücher verkaufen wollten. Mittlerweile bieten aber auch diese digitale Angebote. "Da bewegt sich was", meinte Bär. Dennoch zeigten Studien, dass Deutschland bei der Integration digitaler Themen in den Schulunterricht hinter anderen Ländern hinterherhinkt. Auch hier betonte Bär, dass oft Eltern, die Angst vor dem unbekannten Schulfach haben, die größte Hemmschwelle seien. Die Ministerin versprach der Schulleitung ihre Unterstützung auf dem Weg der Digitalisierung. Zur Auszeichnung bemerkte sie: "Es ist leicht, Weltmeister zu werden. Aber gelingt es auch, den Titel zu halten?"

Quelle: www.mainpost.de

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